Kanzlei am Markt informiert aus dem Erbrecht:
Testament auf schlichtem Zettel wirksam?
Ein Erblasser, unverheiratet und ohne Kinder, hatte vor seinem Tod testamentarisch verfügt, dass seine Schwester allein beerben solle. Während eines Krankenhausaufenthaltes schrieb er auf einen kleinen Notizzettels, der an einer Seite eingerissen war, folgendes:
„Mein Testament lautet … dass alle Geschwister gerecht verteilt werden, besonders … … und … nicht im Altenheim darben muss, …“
Wenig später verstarb er und seine Schwester beantragte daraufhin einen Erbschein als Alleinerbin beim Nachlassgericht, dass diesen unter Hinweis auf das “Notizzettel-Testament” ablehnte, wogegen die Schwester Beschwerde einlegte. Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte sodann darüber zu entscheiden, ob der eingerissene Zettel ein wirksames Testament war und nicht doch alle Geschwister Erben geworden sind. Ein wirksames Testament liegt vor, wenn es formgerecht verfasst wurde und inhaltlich vollständig ist. Ein Sachverständigengutachten ergab hier, dass es sich um die Schrift des Erblassers handelte, so dass Eigenhändigkeit gegeben war. Der Zettel war mit „Mein Testament …“ beschrieben, so dass auch daraus der Testierwille klar zum Ausdruck gekommen war. Die Verwendung ungewöhnlicher Materialen, wie z.B. kleinen Zetteln, Briefumschlägen bzw. – wie im zu entscheidenden Fall – die Rückseite eines kleinen Notizzettels, sieht das Oberlandesgericht nicht als Anhaltspunkt, der gegen ein wirksames Testament spreche.
Zudem hatte der Erblasse bereits in der Vergangenheit Testamente auf Werbepapier niedergeschrieben, was zudem für die Wirksamkeit spreche. Für einen Widerruf eines Testaments genüge jede körperliche Veränderung der Urschrift, wie z.B. Zerreißen, Zerschneiden, Verbrennen, Durchstreichen, so dass der ursprüngliche Zustand der Urkunde kaum oder gar nicht mehr erkennbar ist. Im vorliegenden Fall ging das Gericht davon aus, dass das Material des Zettels so fragil erschienen sei, dass der Zettel womöglich beim Ablösen vom Block beschädigt worden war. Damit könne aus dem Einriss allein kein Wille des Erblassers auf Vernichtung des Testaments abgeleitet werden. Dass die Schwester in vorherigen Testamenten als Alleinerbin benannt worden sei, sei ebenfalls unerheblich, da der Erblasser in diesem jüngsten Testament seine Gestaltungsfreiheit genutzt und sich anders entschieden habe. Damit wies das OLG die Beschwerde der Schwester ab (OLG München, Beschluss v. 28.1.2020 – 31 Wx 229/19).