Die Rechtsanwälte der Kanzlei am Markt in Hamburg-Wellingsbüttel informieren aus dem Familienrecht zum Ausbildungsunterhalt:
Finanzierung einer Ausbildung durch die Eltern in jedem Fall?
Eine unterhaltsberechtigte Tochter hatte zunächst eine Ausbildung als anästhesietechnische Assistentin begonnen und nach drei Jahren erfolgreich abgeschlossen, nachdem sie für das eigentlich gewünschte Medizinstudium keinen Studienplatz erhalten hatte. Nach ihrem Ausbildungsabschluss arbeitete sie sodann für mehrere Jahre in dem erlernten Beruf, bis sie einen Medizinstudienplatz zugewiesen bekam und diesen auch annahm.
Als sie BAFöG beantragte, erfuhr ihr Vater, der nie mit ihr oder ihrer Mutter zusammengelebt hatte und sie das letzte Mal gesehen hatte, als sie 16 Jahre alt war, vom Medizinstudium seiner Tochter. Er war vom Studierendenwerk aufgefordert worden, Auskunft über seine finanziellen Verhältnisse zu erteilen, um seine Unterhaltsverpflichtung zu prüfen.
Der Vater verweigerte die Auskunftserteilung, da er seiner Tochter seinerzeit direkt nach dem Abitur schriftlich mitgeteilt habe, dass er davon ausgehe, keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen. Andernfalls solle sie sich bei ihm melden. Da er jedoch keine Antwort bekam, stellte der Vater die Unterhaltszahlungen ein.
Daraufhin wurde er von dem betreffenden Bundesland auf Ausgleich für an die Tochter geleistete Vorauszahlungen verklagt. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte in letzter Instanz sodann fest, dass die Verweigerung der Unterhaltszahlung des Vaters rechtens gewesen sei. Es habe ihn keine Verpflichtung zur Zahlung von Ausbildungsunterhalt zum Zeitpunkt der Studienaufnahme mehr getroffen. Zwar gehöre generell auch der Ausbildungsunterhalt zum Kindesunterhalt. Diese Verpflichtung sei auch nicht wegen der vorherigen praktischen Ausbildung entfallen, da eine solche an sich unschädlich sei, wenn, wie vorliegend, ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zum anschließenden Ausbildungsweg bestehe. Auch gesetzliche Altersbegrenzungen gebe es beim Unterhalt nicht – allerdings sei immer eine Einzelfallbetrachtung notwendig.
So müsse ein Unterhaltspflichtiger generell in der Lage sein, auf ihn zukommende Kosten absehen zu können. Wenn er nicht mehr damit rechnen muss, in Anspruch genommen zu werden, entfalle seine Zahlungsverpflichtung. Es gehöre zu den schützenswerten Belangen eines Unterhaltspflichtigen, sich in der eigenen Lebensplanung auf die Dauer der Unterhaltslast einstellen zu können.
Im vorliegenden Fall, befanden die Richter, habe der Vater nicht mehr davon ausgehen müssen, dass seine Tochter in ihrem Alter noch ein Studium aufnimmt. So sei die längere Dauer zwischen Abitur und Studienbeginn allein zwar noch kein Grund, von einem Wegfall der Unterhaltspflicht auszugehen. Jedoch sei der Vater schon aufgrund der ausgebliebenen Antwort auf seinen Brief schützenswert in seinem Vertrauen darauf, dass künftig keine Unterhaltszahlungen mehr auf ihn zukommen. Deshalb sei ihm auch das Eingehen finanzieller Verpflichtungen in Form von Krediten erlaubt gewesen (BGH, Beschluss vom 3.5.2017, AZ XII ZB 415/16)