„Anfechtungsrecht des leiblichen Vaters“ – Die Rechtsanwälte der Kanzlei am Markt in Hamburg-Wellingsbüttel informieren
Der leibliche Vater hatte die Vaterschaft eines anderen Mannes zu seiner Tochter angefochten. Die Mutter hatte während der Empfängniszeit Geschlechtsverkehr sowohl mit dem Kindsvater als auch mit ihrem jetzigen Ehemann, den sie während des Rechtsbeschwerdeverfahrens geheiratet und der vor der Geburt des Kindes die Vaterschaft anerkannt hatte. Die Eheleute übernahmen gemeinsam die elterliche Sorge. Dem leiblichen Vater hatte die Mutter erzählt, dass das Kind von ihrem Ehemann gezeugt worden sei. Später gab sie die Wahrheit preis. Ein sodann erfolgter Test ergab eine Wahrscheinlichkeit von 99,99% für die Vaterschaft des Nichtehemannes. Der biologische Vater leitete daraufhin ein Verfahren zur Vaterschaftsanfechtung ein.
Das Amtsgericht (AG) gab dem Antrag statt – das Oberlandesgericht (OLG) wies die Beschwerde der Eheleute zurück, da zwischen dem Ehemann und dem Kind zur Zeit des Abstammungstests keine familiäre Beziehung bestanden habe. Dieser habe zudem nicht dargelegt, dass er tatsächlich für das Kind auf Dauer Verantwortung habe übernehmen wollen. Dagegen legte das Ehepaar erfolgreich Rechtsbeschwerden ein. Für das Kind wurde aufgrund der bestehenden gemeinsamen Sorge ein Ergänzungspfleger bestellt.
Nach dem Bundesgerichtshof (BGH) kann das Kind im Abstammungsverfahren auch durch die unverheiratete Mutter vertreten werden. Diese könne schon aus verfassungsrechtlichen Erwägungen gem. Art.6 Abs.2 GG nicht von einer Vertretung ausgeschlossen werden. Das Gesetz gehe im Abstammungsverfahren von dem Grundsatz aus, dass die Mutter trotz bestehender Eigeninteressen in der Lage sei, das Kind seinen Interessen entsprechend im Verfahren zu vertreten. Damit gab der BGH seine seit 1972 vertretene Rechtsprechung auf.
Dem Familiensenat zufolge habe das OLG zudem für das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung zwischen dem Vater und dem Kind zu Unrecht auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung abgestellt und nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung. §1600 Abs. 2 BGB setze für die Anfechtung voraus, dass keine sozialfamiliäre Beziehung „besteht“ – es sei hier nicht die aktuelle Sachlage zugrunde gelegt worden. Der BGH verwies die Sache daher an das OLG zurück, welches die erforderlichen Feststellungen nachholen müsse (vgl. BGH, Beschluss vom 24.03.2021 – AZ: XII ZB 364/19).